Rinderwurst

Sauerländer Rinderwurst

Geschichte

Auf Höfen wurde im Winter geschlachtet. Meist wurde ein oder bei großen Haushalten auch mehrere Schweine und ein Rind geschlachtet. Ein Rind war ein wertvolles Tier und das Fleisch rar und teuer. So war es auch üblich, dass zwei Familien sich ein Rind teilten.

Rinderwurst wurde nicht am Schlachttag selber hergestellt. Am Schlachttag gab es in der Regel dafür keine Zeit, weil das Wursten schon so viel Arbeit machte. Zur Vorbereitung für die Rinderwurst wurden am Schlachttag die Beinscheiben, der Kopf und auch Rippe in einem großen Kochtopf oder Brühkessel gargekocht und anschließend das Fleisch zum Abkühlen aus der Brühe genommen. Die Brühe von dem Kochfleisch wurde in Gefäße gefüllt und kalt gestellt.

Am nächsten Tag wurde das Fleisch von den Knochen abgesucht. Diese Fleischstücke wurden dann durch den Fleischwolf mit der feinsten Scheibe gedreht. Nun wurde das feine durchgedrehte Fleisch (sieht aus wie Hackfleisch, ist allerdings gar statt roh) in großen Schüsseln mit den Gewürzen Salz, Pfeffer und Muskat vermengt und kräftig abgeschmeckt. Andere Gewürze oder Zwiebeln gehören nach traditioneller Weise nicht hinein. In den eher farblos grauen "Wurstbrei" wurde noch etwas Brühe und gute Butter eingemischt und dieser dann in mitteldicke Wurstdärme eingefüllt. Die Wurst wurde oben zu einem Wurstkringel zusammengebunden.

Die Kringel wurden danach in kochendem Wasser kurz (d. h. 15 Minuten) gegart. Dadurch bildete sich der Geschmack besser heraus und die Wurstmasse wurde etwas gebunden. Mit einem großen Schaumlöffel wurden nun die Würste herausgenommen und an einen Holzstock, der auf einer Zinkwanne liegt, aufgehängt. Hier konnte die Rinderwurst abtropfen und kalt werden. Ein Kennzeichen der Rinderwurst ist, dass sie auch kalt noch weich ist.

Die Freude über die erste Rinderwurst der Saison war groß ... und sie wurde sofort gegessen. Rinderwurst wurde warm, angebraten in der Pfanne, gegessen. Man hat dazu die Wurst ganz im Darm gebraten oder vorher die Wurst aus der Pelle gedrückt. Die Wurstmasse zerläuft dabei sofort. Gut schmeckt sie kross angebraten in Butter (Schmalz passt nicht so gut).
Traditionell wurde sie zu einem gebutterten Brot und eingelegten Gewürzgurken gegessen oder alternativ zu Bratkartoffeln. Sehr lecker war dazu auch grüner Salat oder Gurkensalat. Die Männer tranken gern ein Bier dazu und die Frauen und Kinder meistens kalte Milch oder Tee. Wenn es mit der Kocherei mal schnell gehen musste, wurde Rinderwurst schon mal als Mittagessen zubereitet. Dann aß man sie zu Salzkartoffeln und grünem Salat.

Zur Bevorratung wurden die Rinderwürste einzeln in Kunststoffbeutel eingepackt und eingefroren. Zu der Zeit, als man noch keine Gefriertruhen hatte, wurde der Wurstbrei in Dosen eingefüllt. Die Deckel wurden mit einer speziellen Maschine auf die Dosen gedreht. Die Rinderwurstdosen (wie Blutwurst und Leberwurst auch) wurden zwei Stunden lang zugekocht. Nur so konnte man sie haltbar machen. Diese Dosen konnte man lange im kühlen Keller aufbewahren.

Heute

Rinderwurst gib es von September bis Mai. Noch heute trifft man sich auf dem Reistermarkt (Kirmes Ende August im Ort Reiste im Sauerland) wegen der ersten Rinderwurst. Man isst sie dort von einem großen flachen Teller. Sie wird dort nicht im Darm gebraten.

Kein Wunder das die Sauerländer Rinderwurst lieben, denn das Sauerland ist ein Rindviehland. Es gab und gibt wenig Schweinehaltung dort, aber viele Weiden und Wiesen, besonders in den Höhenlagen, für das Rindvieh. Rinderwurst wird auch heute in manchen Familien und von den örtlichen Metzgern hergestellt. Sie kann sehr unterschiedlich schmecken. Manche Rinderwürste schmecken sehr pfeffrig, manche sind gröber oder feiner in der Konsistenz. Die Farbe ist allerding bei allen ziemlich gleich.

Ein besonderer Zubereitungstipp: Wirsing mit Zwiebeln und Speckwürfeln schmoren und dann die Wurstmasse darüber geben und erhitzen. Schlemmen mit Salzkartoffeln!

Lied zur Fastnacht

Lütke, lütke Fastenacht
Wir hätt gehört ihr hätt geschlacht.
Ihr hätt sone fette Wurst gemacht.
Gifft us eene, gifft us eene
aber nit sonne ganze kleene.
Lott us nit so lange stohn,
wir wolln noch ne Hüske födder goahn.

Am Dienstag nach Rosenmontag gingen und gehen die jungen, unverheirateten Männer durchs Dorf (hier Büenfeld, Gemeinde Eslohe) und haben dieses Lied gesungen. Das Dorf Buenfeld hat 12 Häuser. Die jungen Männer gingen von Haus zu Haus. Von den Familien bekamen sie Eier und Rinderwurst, die auch gleich verzehrt wurden. Es wurde dabei gemeinsam gesungen, gegessen und getrunken.
Auch die Kinder hatten ihren traditionellen Rundgang durchs Dorf Büenfeld. An Weiberfastnacht trafen sie sich und gingen zusammen herum. Auch sie bekamen Eier und Wurst, aber zusätzlich auch noch Bonbons und Plätzchen geschenkt. Dabei haben sie den gleichen plattdeutschen Reim wie die jungen Männer gesungen.